Bulgarien – 1 Lew sind 50 Cent

Bulgarien liegt im äußeren Südosten von Europa zwischen Morgenland und der alten Sowjetunion. Das Land hat nur etwa doppelt so viele Einwohner*innen wie Berlin und ist an der Fläche gemessen knapp dreimal so groß wie die Schweiz. Im Norden grenzt Rumänien an Bulgarien. Die Donau markiert hier die Linie zwischen den beiden Ländern. Im Westen liegen an der bulgarischen Grenze Serbien und Mazedonien. Und südlich von Bulgarien liegen als direkte Nachbarn Griechenland und die Türkei.

Im Osten sind weit und breit nur die Wellen des Schwarzen Meeres zu sehen. Ich selbst dachte, bis ich erwachsen war, dass Bulgarien in Südamerika liegt. Als ich beschließe, mit meinem Auto die Donau entlang bis ans Schwarze Meer zu fahren, ahne ich noch nicht, dass Bulgarien eines meiner liebsten Reiseziele werden soll. Dass es dort herrliche Landschaften, hübsche Städtchen und ein düsteres UFO auf einem einsamen Berg gibt.

Landschaft in Bulgarien

Roadtrip nach Bulgarien

Als der abgelegene Grenzposten in der Nähe des Ortes Bregovo in Regen und Sturm vor mir auftaucht, bin ich erst einmal misstrauisch. Zwar ist es nicht das erste Mal, dass ich meinen Fuß auf den Boden Bulgariens setze, doch das erste Mal, dass ich den weiten Weg hier herunter mit meinem Auto gefahren bin. Hinter mir liegt die wunderschöne Fahrt an der Donau entlang durchs Eiserne Tor.

Von Belgrad komme ich, bei Mosna hat mich die Polizei angehalten. Ich durfte auf der Straße nicht weiterfahren. Warum, habe ich nicht verstanden. Angesichts des Unwetters vermute ich einen Erdrutsch oder Überschwemmungen. Also ging es weiter durch die malerische Hügellandschaft bis hierhin. Bis an den abgelegenen Grenzposten im Regen zwischen Serbien und Bulgarien.

Misstrauisch bin ich, weil ich Uniformen gegenüber stets misstrauisch bin und an solchen verlassenen Grenzen jedes Mal Angst davor habe, der Willkür mürrischer Grenzpolizist*innen ausgeliefert zu sein. Am Schlagbaum schalte ich den Motor ab. Minuten später kommt ein Mann heraus und scheucht einen anderen jungen Mann fort, der sich geistig offensichtlich in einer anderen Welt befindet und die Situation neugierig beobachtet. Nachdem das Auto kontrolliert wurde und die Maut bezahlt ist, fahre ich weiter. Weiter durch den Regen in Richtung Widin.

Widin ist mit etwas mehr als 50.000 Einwohner*innen die Hauptstadt der Oblast Widin. Hier ist eine der ärmsten Regionen Bulgariens und damit der gesamten EU, deren Mitglied Bulgarien seit 2007 ist.

Es wird langsam Nacht. Das letzte Licht verschwindet hinter den Regenwolken. Die Straße ist klein. Ich bin der einzige, der hier im herbstlichen Abend durch Bulgarien fährt. Die Häuser am Straßenrand sehen abweisend aus. Nirgends brennt Licht. Es wirkt so, als wäre niemand hier. Als wäre alles längst verlassen. Am Straßenrand stehen vertrocknete, verdörrte Sonnenblumen. Ich komme mir vor wie in The Walking Dead. Es ist ein wenig unheimlich. Ich frage mich, wo ich hier gelandet bin.

Als die ersten Plattenbauten von Widin vor mir auftauchen, verstärkt sich dieses Gefühl. Am Ende meiner Reise werde ich wieder durch Widin fahren. Auf dem Weg zurück nach Berlin. Ich werde mich wundern, wie mir die Stadt heute so trostlos und feindselig vorkommen konnte. Denn dann werde ich in einer einfachen Straßenkantine sitzen, Gemüse essen und an Bulgarien als ein freundliches, sonniges und spannendes Abenteuer zurückdenken.

Heute Abend jedenfalls hole ich mir nur noch ein bisschen Geld aus der ATM und kaufe etwas zu essen in einem Supermarkt. Dann fahre ich aus Widin heraus und suche mir einen Ort zum Schlafen. Für meine erste Nacht im Auto auf dieser Reise.

Einsames Bulgarien

Für knapp 100 Kilometer wechsle ich nochmal das Donauufer. Über die Donaubrücke zwischen Widin und Calafat nach Rumänien. Eine der letzten fünf großen Brücken übr die Donau. Zwischen Bechet (Rumänien) und Orjachowo (Bulgarien) warte ich knapp zwei Stunden auf die kleine Fähre. Außer mir und ein paar wenigen anderen Fahrzeugen ist heute nicht viel los hier. Auch im Zentrum von Orjachowo begegnen mir nicht viele Menschen. In der sehr altmodischen Post frage ich nach dem Weg. Überhaupt, alles hier wirkt ein wenig postapokalyptisch. Ödes Land, nach dem Zerfall des Kommunismus. Den Gebäuden und ihrer Architektur ist die vergangene Staatsform deutlich anzusehen. Ich mag es. Und dann beginnt der einsame Weg an der Donau entlang nach Westen. Tiefer hinein nach Bulgarien.

An der Donau entlang nach Osten

Vor mir liegt das Donauufer Bulgariens zwischen Orjachowo und Belene. 150 Kilometer schmale Straße. Oft kann ich nur mit 30 Stundenkilometern fahren. Zum Schlafen fahre ich auf einem Hügel in einen Feldweg. Vom Auto aus sehe ich in die unendliche Weite der bulgarischen Landschaft. Menschen begegnen mir so gut wie keine. Noch nie habe ich für eine kurze Strecke so viel Zeit gebraucht. Sicher, ob die Straße wirklich weitergeht, bin ich mir jedenfalls auch nicht die ganze Zeit.

Teilweise finden sich hier bereits die Markierungen des Donauradweges. Der Donauradweg verläuft auf einer Länge von fast 3.000 Kilometern von der Quelle der Donau bis ans Schwarze Meer. Dabei führt er wahlweise auch durch Bulgarien. Es muss wirklich sehr schön sein, hier mit dem Fahrrad durch Bulgarien zu fahren.

Felder in Bulgarien

Belene am Donauufer

Schließlich erreiche ich Belene. Belene ist eine kleine Stadt direkt an der Donau, die gleich doppelt durch unangenehme historische Begebenheiten bekannt wurde. Die Donau schlängelt sich hier zwischen Bulgarien und Rumänien um eine Insel herum. Die Insel ist nicht nur ein Vogelschutzgebiet, sondern auch Standort für ein Gefängnis und die Ruinen eines Konzentrationslagers. Und außerdem steht hier in der Nähe die gigantsiche Bauruine eines geplanten Atomkraftwerks

Nachdem die bulgarische kommunistische Partei die Herrschaft über Bulgarien übernahm, wurde auf der Donauinsel das Arbeits- und Umerziehungslager Belene eingerichtet. Viele Menschen kamen dort unter vermutlich furchtbaren Bedingungen ums Leben. Das Gefängnis gibt es auch heute noch. Leider erfahre ich erst vor Ort, dass ein Besuch der Insel nicht gestattet ist. Laut Wikipedia sind die Archive der kommunistischen Staatssicherheit bis heute nicht zugänglich, eine Aufarbeitung der hässlichen Geschichte damit schwierig.

Ich fahre also weiter. Weiter zur Bauruine des Atomkraftwerks. Eigentlich sollte hier vor einigen Jahren das Kernkraftwerk Belene nach mehr als 20 Jahren Bauzeit seinen Betrieb aufnehmen. Doch aufgrund des Ausstiegs eines der Investoren und von Protesten wurde daraus nichts. Das Atomkraftwerk befindet sich anscheinend in einem Erdbebengebiet. Zunächst sollte das Projekt in ein Gaskraftwerk umfunktioniert werden. Doch die Zukunft ist ungewiss. Täglich werden heute statt Energie absurde Summen an Schuldzinsen von der Anlage produziert. Die Kraftwerkanlagen liegen nichtsdestotrotz relativ friedlich und riesig vor mir in der flimmernden Sonne.

Während ich zwischen Belene und dem unfertigen Kraftwerk an der Donau entlangfahre, komme ich an riesigen verwahrlosten Hafenanlagen vorbei. Auf einem öden Stück Sand parke ich das Auto. Ich gehe zum Ufer der Donau hinunter. Während der Wind leicht in den Blättern der Bäume raschelt, höre ich den Geschichten zu, die der große Fluss zu erzählen hat. Denke mir dabei, dass wir Menschen schon irgendwie seltsam sind.

Dann fahre ich weiter nach Swischtow. Dort finde ich eine freundliche kleine Altstadt mit einem kleinen Platz im Zentrum, auf dem mich ein nettes Café mit Kaffee empfängt. Der Herbst kann hier im Süden Europas noch so schön sein.

Belene in Bulgarien

Geschichte Bulgariens

Bulgarien hat eine blutige und wechselhafte Geschichte hinter sich. Einfluss darauf hatten auch die Fremdherrschaft des Osmanischen Reiches und die Nähe zu Russland. Als erstes Land auf dem Balkan trug Bulgarien seit 1879 demokratische Züge. Dann nämlich wurde eine demokratische Verfassung beschlossen. Bulgarien wurde zur konstitutionellen Monarchie. Es folgten weitere Konflikte. Vor den beiden Weltkriegen schließlich war Bulgarien ein Zarentum.

Bulgarien war sowohl im ersten als auch im zweiten Weltkrieg ein Verbündeter der Faschisten. Das bereitete den Weg für die Volksrepublik Bulgarien. 1944 übernahmen – nachdem die Rote Armee Bulgarien unter ihre Kontrolle gebracht hatte – die Kommunisten die Macht. Direkt an die Morde der Faschisten folgten so die Morde der Kommunisten. 1946 wurde die Volksrepublik Bulgarien gegründet. Die Monarchie war damit in Bulgarien an ihrem Ende angelangt.

Die Kommunisten waren in Bulgarien wie in vielen Staaten Europas die nächsten Jahrzehnte lang an der Macht. In dieser Zeit wurde auch das Busludscha-Denkmal erbaut. Außerdem wurde zweimal überlegt, die Volksrepublik Bulgarien aufzugeben und das Land stattdessen in eine der Sowjetrepubliken als Teil der Sowjetunion zu verwandeln. Insgesamt stieß der kommunistische Herrschaftsapparat in Bulgarien auf wenig Widerstand. Bis Ende der 80er-Jahre. Dann gab es 1990 das erste Mal freie Wahlen.

Spuren der kommunistischen Zeit sind in Bulgarien an vielen Stellen zu finden.

Das UFO auf dem Berg

Einer der Orte, die mich auf all meinen Reisen am nachhaltigsten beeindrucken, finde ich ein paar Tage später auf dem einsam gelegenen Berg Chadschi Dimitar. Der Chadschi Dimitar ist fast 1.500 Meter hoch und liegt im Balkangebirge in der Nähe des Schipkapasses, der Nordbulgarien und Südbulgarien miteinander verbindet.

Als ich eines Abends in meinem Hotelzimmer sitze, lese ich von einem merkwürdigen Monument, das die kommunistische Partei Bulgariens während ihrer Herrschaft im Jahre 1981 auf dem Gipfel des Berges erbaut hat. Sofort weiß ich, dass ich da hin muss. Der Ort ist von historischer Bedeutung für Bulgarien. 1868 war er Schauplatz des Unabhängigkeitskampfes von Chadschi Dimitar und seinen Gefolgsleuten gegen die fremden Herrscher aus dem Osmanischen Reich. Zu seinen Ehren wurde der Berg dann später nach ihm benannt. Eigentlich hieß er nämlich Busludscha.

Für die sozialistische Bewegung des Landes Bulgarien wurde 1981 anlässlich des 1.300. Geburtstags von Bulgarien direkt auf dem Gipfel ein Monument erbaut: das Busludscha-Denkmal.

1990 fand der Sozialismus in Bulgarien wie im restlichen Europa sein vorläufiges Ende. Seither zerfällt das eindrucksvolle Bauwerk. Scheinbar interessiert sich niemand dafür. Einige Hintergrundinformationen lassen sich in einem Spiegel-Artikel finden. Doch vieles bleibt für mich geheimnisvoll und unheimlich.

Deshalb fahre ich am nächsten Tag die einsamen Kilometer in die Berge des Balkangebirges hinauf. Deshalb parke ich mein Auto auf dem verlassenen Parkplatz zu Füßen des Monuments und gehe an metergroßen steinernen Fäusten, die riesige Flammen festhalten, den geplättelten Weg steil den Chadschi Dimitar hinauf. Vor mir das UFO, das aus einer anderen Zeit und aus einer anderen Welt zu sein scheint.

Und als ich endlich aus den riesigen Fenstern des Busludscha-Denkmals über die Landschaft Bulgariens blicke, weiß ich mal wieder: all die Wege – und seien sie noch so mühsam – lohnen sich am Ende. Will ich doch ohne diese Erinnerungen nicht mehr sein.

Busludscha-Denkmal

Das Schwarze Meer in Bulgarien

Ein paar Tage später erreiche ich endlich die Küste des Schwarzen Meeres. Bulgarien ist eines der nur sechs Länder, die an das Schwarze Meer reichen. Außer Bulgarien liegen folgende Länder am Schwarzen Meer:

  • Rumänien
  • Türkei
  • Georgien
  • Russland
  • Ukraine

Nach langer Fahrt durch das Balkangebirge und eine riesige Ebene freue ich mich auf einen Whiskycola am Strand. Sonnenstrand stelle ich mir äußerst grauenhaft vor. Das ist wohl der bulgarische Ballermann. Also biege ich in Burgas lieber rechts ab. In Richtung Süden. In Richtung der Türkei.

Als ich dann nach etwa einer weiteren Stunde Lozenets direkt an der Küste erreiche, wundere ich mich doch etwas. Es ist zwar früher Herbst, aber dass ich das ganze Dorf im Prinzip für mich alleine habe, das hätte ich nicht gedacht.

Am Strand windet es, die Wellen des Schwarzen Meeres sind höher, als ich gedacht hätte. Alles wirkt auch hier ein wenig, als hätte es seine besten Zeiten schon hinter sich. Und ich mag es wieder. Im ganzen Dorf hat nur noch ein Restaurant geöffnet. Ich esse jeden Tag die Gemüsevorspeisen und Pommes Frites, da es sonst nichts Veganes gibt. Macht nichts. Die Atmosphäre ist toll. Außer mir kommen nur große Familien, am zweiten Abend bin ich schon ein alter Bekannter.

Ich wohne im Hotel Tegel. Das habe ich mir wegen des Namens ausgesucht. Ich bin der einzige Gast, habe ein Zimmer mit Balkon.

Tagsüber liege ich lesend auf den wilden Felsen, abends trinke ich Bier und höre den Wellen zu. Einmal spaziere ich in die Wiesen über dem Ort und am Strand entlang. Alles ein wenig ungepflegt. Am Strand wohnen Camper. Vermutlich ist es zur Saison der Horror. Jetzt ist es gut.

Einige Tage später fahre ich die Straße weiter nach Süden. Zarewo ist ein nettes kleines Städtchen an der Küste. Von dort nehme ich die Straße ins Landesinnere. Mitten hindurch durch das Strandscha-Gebirge geht sie. Das Strandscha-Gebirge liegt an der Grenze von Bulgarien und der Türkei. Auf der bulgarischen Seite liegt der Naturpark Strandscha. Wunderschöne, einsame Landschaft, soweit das Auge reicht. Hier zeigt sich Bulgarien von seiner schönsten Seite.

Schwarzes Meer in Bulgarien

Städte in Bulgarien

Während ich durch die bulgarische Landschaft fahre, begegnen mir immer wieder schöne kleine Städte und Dörfer. Alles ist ein wenig verschlafen. Von vielen Orten sind die Menschen weggegangen. Teilweise stehen – besonders in Nordwestbulgarien – ganze Ortsteile leer, so wie zum Beispiel in der kleinen Stadt Roman.

Sofia ist die Hauptstadt von Bulgarien, Plowdiw die zweitgrößte Stadt. Wraza ist meine bulgarische Lieblingsstadt.

Sofia – die Hauptstadt

Sofia hat knapp 1,3 Millionen Einwohner*innen und ist Bulgariens Hauptstadt. Sofia liegt zu Füßen des Witoscha-Gebirges, das von der Stadt aus auch wunderbar zu sehen ist. Ein Besuch in Sofia lohnt sich auf jeden Fall. Die schöne Altstadt und das Stadtzentrum mit seiner sozialistischen Architektur stehen in starkem Kontrast zu den endlosen Plattenbausiedlungen der Vorstädte.

Sofia hat viele kulturell interessante Stellen und eine große Auswahl an Bars und Restaurants wartet auf einen Besuch. Da ich aber schon permanent in einer Großstadt lebe, suche ich beim Reisen eher die Natur und die Landschaft als die Metropolen. So zieht es mich nach ein paar Tagen weiter. Weiter in die Wildnis von Bulgarien.

Sofia ist aber auch kein schlechter Ort, um ein wenig Nachtleben zu genießen. Viele Bars und Clubs sind in der bulgarischen Hauptstadt zu finden. Ich selbst habe den Sugar Club und den ID Club besucht.

Der Sugar Club in der Straße ul. Knyaz Boris I 121 hat eine Terrasse zur Straße bul. Todor Alexandrov und spielt Hip Hop. Türpolitik gibt es keine besondere. Ausweise werden kontrolliert, Kleidungsstil ist wie überall in Bulgarien beim Ausgehen eher schick. Auf Podesten tanzen Frauen und Männer, die Getränke sind für deutsche Verhältnisse sehr günstig.

Der ID Club in der Straße ul. Karnigradska 19 ist hauptsächlich ein Gay Club. Hier ist die Türpolitik augenscheinlich etwas härter. An der Tür zum Club hängt ein Schild, dass Waffen im Inneren nicht zugelassen sind. Das Feiern dort macht Spaß. Getränke sind auch hier vergleichsweise günstig.

Um in Sofia zu übernachten, gönne ich mir angesichts der günstigen Preise in Bulgarien etwas. Und das ist es tatsächlich wert. Ich schlafe also im Sheraton-Hotel. Vermutlich das luxuriöseste Hotel, in dem ich jemals schlafen werde. Ich merke, ich brauch den Quatsch nicht, aber es ist trotzdem nett.

Zentrum von Sofia in Bulgarien
Bulgariens Hauptstadt
Bulgariens Sofia

Plowdiw

Plowdiw ist mit etwas weniger als 400.000 Einwohner*innen nach Sofia die zweitgrößte Stadt Bulgariens. Ich besichtige Stadt in Regen und Nebel und mag sie gerne. Meine Spaziergänge führen mich durch die Altstadt mit ihren Gebäuden aus der Zeit der Nationalen Wiedergeburt. Geheimnisvolle Häuser, wie aus einem Gespensterfilm. Plowdiw liegt herrlich zwischen den Hügeln. Auf einem von ihnen steht das Denkmal des einsamen Soldaten Aljoscha. Die riesige Statue schaut nach Osten. Zu Ehren des Sozialismus. In seiner Hand ein Maschinengewehr. Der Sozialismus ist auch hier längst nur noch Vergangenheit.

In Plowdiw kann ich das Hotel Mini Hotel empfehlen. Perfekt zentral gelegen, gemütlich und freundlich. Sogar einen Parkplatz für mein Auto finde ich direkt vor dem Haus.

Eines Abends sitze ich in Plowdiw an der Bar und trinke ein Bier. Neben mir sitzt ein Mann. Wir fangen an, uns zu unterhalten. Ich erfahre, er war bei der Fremdenlegion. Er hatte einen Autounfall. Ein Leben in der Nähe des Todes. Wie unser aller Leben in der Nähe des Todes ist. Ohne, dass wir es wissen. Ich denke, seine Geschichte passt gut zu Bulgarien. Ich habe ein Land gefunden, das sich gerne abweisend zeigt. Ein Land, das es sich und seinen Bewohner*innen oft nicht einfach gemacht hat. Stets zwischen den Fronten der Macht. Aber wenn man näher hinschaut, entdeckt man, wie liebenswert Bulgarien ist. Dass hinter seinem rauhen Gesicht eine Menge bunter und duftender Blumen blüht.

Architektur in Bulgarien
Markt in Bulgarien
Haus in Plowdiw in Bulgarien
Soldatendenkmal in Bulgarien
Plowdiw liegt schön in Bulgarien
Kino in Bulgarien

Wraza

Mein persönlicher Lieblingsort in Bulgarien ist die etwa 60.000 Einwohner*innen zählende Stadt Wraza im Nordwesten des Landes. Durch das Kaputtgehen meines Autos bin ich gezwungen, hier ein paar Tage mehr als geplant zu verbringen. Und ich liebe es. Hier sind keine Touristen. Meine Abende verbringe ich in einem italienischen Restaurant im Zentrum. Tagsüber gehe ich wandern und spaziere in den Industrieruinen vor der Stadt herum. Immer ein bisschen in Angst davor, dass mich einer der wilden streunenden Hunde auffrisst. Der Schnaps ist sehr günstig und von meinem Wintergarten aus habe ich eine tolle Aussicht über die Stadt und die Berge des Balkangebirges. Die stechen nämlich direkt über Wraza in den wolkenverhangenen Himmel. Sogar ein Wasserfall ist zu erkennen, der sich viele Meter über die Felsen hinweg in die Tiefe stürzt.

Ich wohne im Hotel Rade 2, das ich großartig finde. Ich bewohne eine urtümliche Suite mit riesigem Badezimmer und tollem Wintergarten. Das Erscheinungsbild ist etwas rustikal, aber das ist es wert. Die Frau, die für das Hotel zuständig ist, zeigt sich äußerst hilfsbereit. Da ich kein Wort Bulgarisch spreche, begleitet sie mich zur Werkstatt, wo mein Auto repariert wird. Sie wartet mehrere Stunden mit mir, bis alles geregelt ist. Das ist eine tolle Gastfreundschaft. Später fahre ich ihr aus Versehen noch hinterher durch Wraza. Ich habe es so verstanden, als wolle sie mir den Weg zurück zum Hotel zeigen. Dabei fährt sie ihre Tochter von der Schule abholen. Als sie mich dann vor der Schule sieht, ist sie leicht verwundert, aber dann lachen wir beide viel.

Eine empfehlenswerte Wanderung in der Nähe von Wraza führt zum Wasserfall Borow Kamak. Durch den Wald über einige kleine Holzbrücken geht es steil den Berg hinauf.

Die Wanderung beginnt in dem kleinen Dorf Sgorigrad. Sgorigrad liegt von Wraza aus ein paar Kilometer in die Berge hinein. Das Dorf ist für ein Staudammunglück bekannt, das sich in den 60er-Jahren des 20. Jahrhunderts dort ereignete. Ein Staudamm brach und die Flutwelle riss viele Menschen in den Tod.

Die kleine Wanderung zum Wasserfall beginnt an der Stelle, an der einst der Stausee lag. Merkwürdige menschliche Konstruktionen stehen überall in der Landschaft herum. Zu was sie gut sind, weiß ich nicht. Aber man kann daran hochklettern.

Industrie in Bulgarien
Bahnhof in Bulgarien
Wraza in Bulgarien
Tal in Bulgarien

Wissenswertes zu Bulgarien

Die bulgarische Währung ist der Lew. Ein Lew sind etwa fünfzig Cent. Das Preisniveau ist im allgemeinen sehr niedrig. Es kann bei allem in etwa mit der Hälfte der Kosten gerechnet werden, die in Deutschland entstehen würden. Autobahnen sind in einem sehr guten Zustand, kleinere Straßen dagegen manchmal ohne Allradantrieb kaum befahrbar. Maut wird in Bulgarien für bestimmte Straßen fällig, eine Vignette ist Pflicht.

Achtung, in Bulgarien werden an vielen Stellen ausschließlich kyrillische Schriftzeichen verwendet. Kann man die nicht lesen, wird selbst das Entziffern von Verkehrsschildern eine schwierige Aufgabe. In den größeren Städten werden Informationen meistens jedoch auch in lateinischen Schriftzeichen oder gleich in Englisch angeboten.

Gute Reiseführer zu Bulgarien sind nicht gerade zahlreich. Ich enstscheide mich letztendlich dazu, gar keinen Reiseführer für Bulgarien insgesamt mitzunehmen.

Was noch?

Dieser Bericht über Bulgarien nimmt an der Europa-Blogparade von TRIP TO THE PLANET teil. Thema der Blogparade ist Europa. Jedes Land soll dabei einmal vertreten sein. Ich vertrete hiermit also Bulgarien und hoffe, mit meinem Bericht viele Leser*innen zu erfreuen. Link zum Aufruf: triptotheplanet.de/aufruf-europablogparade.