Mirissa liegt fast am südlichsten Punkt von Sri Lanka und hat knapp 5.000 Einwohner*innen. Im Vergleich zu den Tourismus-Orten Hikkaduwa und Unawatuna soll es hier noch vergleichsweise ruhig und entspannt und ein wenig einsamer zugehen. Deshalb habe ich beschlossen, von Bentota aus direkt hier her zu fahren, ohne auf dem Weg eine weitere Pause zu machen. Ich freue mich auf einige Tage Strandleben und Ruhe im Schatten von Palmen. Mirissa – der Name klingt schon vielversprechend. Irgendwie schillernd und geheimnisvoll.
Mirissa – Reise ans Südende Sri Lankas
Ich sitze also mal wieder im Zug und fahre gemütlich nach Süden. Rechts das Meer. Und links die Palmen. Von Zeit zu Zeit eine Brücke über einen tief grünen Fluss, oder einen braunen, der sich durch die Mangrovenwälder schlängelt. In ihm lauern Warane, Krokodile und alle möglichen anderen Ungeheuer, die Schreie von fremden Tieren sind zu hören. Die rostigen Ventilatoren an der Decke haben sich schon lange nicht mehr gedreht. Bewegen sich nur noch im Schaukeln des Wagens. In nicht regelmäßigen Abständen das anhaltende Tuten der Lokomotive. Durch die hochgeschobenen Fenster weht heißer Wind. Im Gang zwischen den einzelnen Wagen ist es gefährlich. Das Schaukeln so hart, dass die Wagen oft einen halben Meter versetzt stehen. Die Wände sind in einem hellen Blau bestrichen. An der Decke hängt eine schwach und gelb leuchtende Lampe. Und das, obwohl die Sonne draußen mindestens wie ein Atomreaktor strahlt.
Die Bananenpflanzen sehen aus wie kleine Palmen. Ein Mann mit langem Bart geht langsam durch den Wagen und bietet in einem melodiös murmelnden Gesang seine Waren – Kleinigkeiten zu essen und zu trinken – an. Und dann, am frühen Nachmittag, erreichen wir endlich Mirissa.
Ich merke gleich, dass es mir auch hier ein wenig zu voll sein wird. Reisende aus vielen Ländern bewegen sich in den wenigen Straßen von Mirissa. Zahlreiche Unterkünfte und kleine Läden zeugen von ausgeprägter touristischer Infrastruktur. Was soll’s? Die Sonne scheint, ein kühles Bier am Strand und Reggae-Musik aus einer der vielen Bars machen mir auch gelegentlich Spaß. Und zugegeben, Mirissa liegt in dieser Landschaft mit den vielen kleinen Buchten wirklich sehr schön zwischen dichtem Palmenwald und der Weite des Indischen Ozeans.
Paul Bowles und kleine Inselchen
In einer kurzen Fahrt und etwa sechs Kilometern Entfernung nach Westen befindet sich das Städtlein Weligama, wo es etwas geschäftiger zugeht und vor dessen Strand sich die kleine Insel Taprobane befindet, auf der Paul Bowles einmal einen Roman geschrieben hat. An der Strandpromenade lassen sich verscheidene Restaurants und Bars finden, auf der Terrasse des Sunroo Beach verbringe ich einen sehr lustigen Abend.
Wer lieber in Weligama und nicht in Mirissa wohnen möchte, dem kann ich die Pearl Villa empfehlen, die da bei Booking.com zu finden ist: Dinsara Pearl Villa bei Booking.com (Werbung)
Sie liegt auf einer ins Meer hinaus laufenden Landzunge.
Auch am Strand von Mirissa gibt es übrigens ein kleines vorgelagertes Inselchen, das zu Fuß zu erreichen ist. Von dort aus lassen sich Sonnenuntergänge beobachten, was an der Zahl von Menschen gemessen, die sich jeden Abend dort einfinden, äußerst beliebt ist. Noch viel interessanter eigentlich sind die Riesenkrabben, die zwischen den Felskanten auf dem Inselchen herumhüpfen.
Aktivitäten an Land
Ein Fahrrad mieten
In fremden Ländern liebe ich es, mir ein Fahrrad zu mieten und einfach irgendwo durch die Landschaft zu fahren. So auch in Mirissa. In dem kleinen Laden im Erdgeschoss des Pinki Resort konnte ich mir für umgerechnet einige wenige Euro für einen Tag lang ein Fahrrad mieten. Das Fahrrad war technisch in relativ gutem Zustand und mit Schloss und einem Fahrradkorb ausgestattet. Und los ging es nach Norden ins Landesinnere.
Auf kleinen Straßen fahre ich mit dem Fahrrad ungefähr bis hier. Das Wetter ist herrlich, am Horizont über den Bergen braut sich ein Gewitter zusammen. Eine Zeit lang begleiten mich ein paar Jungen auf ihren Fahrrädern. Sie scheinen von der Schule zu kommen, denn sie tragen Schuluniformen und Schultaschen. Sie finden es wohl irgendwie lustig, dass ich hier mit meinem Fahrrad herumfahre.
Die kleine Straße führt über einen Bach, auf dessen Oberfläche bunte Blüten schwimmen. Nach und nach merke ich, dass ich langsam gegrillt werde. Man kann nicht genug Sonnenschutz auftragen, um Fahrrad zu fahren und dabei vor sich hin zu schwitzen. Dürftig gelingt es mir, so viel Haut wie möglich mit den wenigen Kleidungsstücken, die ich mit mir habe, vor der unbarmherzigen Sonne zu verbergen.
Durch eine kahle Betonunterführung fahre ich unter einer leeren Autobahn (erweitert China hier sein Imperium?) hindurch und weiter nach Norden, durchquere kleine Dörfer und Siedlungen bis ich schließlich an einen größeren Fluss gelange. Ein, zwei Kilometer fahre ich den Fluss entlang bis ich schließlich am Ufer ein Schild entdecke, auf dem ein Krokodil abgebildet ist und auf dem etwas geschrieben steht, was ich nicht verstehen kann. Ich denke mir, fein, hier kann ich Krokodile beobachten und so bin es dieses Mal ich, der sich lauernd neben das Gebüsch stellt.
Wilde Kreaturen in den Flüssen
Da höre ich knatternd ein kleines Motorrad näherkommen. Der junge Mann darauf hält neben mir und sagt mir, dass ich hier vorsichtig sein solle und nicht zu nahe ans Wasser gehen. Ich sage ja. Und auf einmal raschelt es direkt neben uns im Gebüsch, frisst uns nun das Krokodil? Beide fahren wir erschrocken zusammen und dann? Dann rennt ein riesiger Waran direkt neben uns aus dem Gebüsch heraus in Richtung Fluss und verschwindet vermutlich genauso erschrocken im dichten Bewuchs der Böschung. Der junge Mann und ich lachen, beide fahren wir weiter, er knatternd und ich schwitzend.
Langsam mache ich mich auf den Rückweg nach Mirissa, es sind noch einige Kilometer zu fahren. Ich entschließe mich, über Matara im Osten von Mirissa zu fahren, was sich als eine schlechte Entscheidung herausstellt. Weite Teile der Route um Matara herum verlaufen über große, stark befahrene Straßen, besonders der letzte Abschnitt von Matara zurück nach Mirissa. So bin ich am späten Nachmittag froh, als ich das Fahrrad abgebe und einem entspannten Abend in einem Restaurant am Strand von Mirissa entgegenschaue.
Reisebüro
Um meine Weiterfahrt nach Deniyaya nahe des Sinharaja-Regenwaldes zu organisieren, habe ich mehrere Reisebüros in Mirissa besucht. Ich hatte keine Lust darauf, die kurvige Straße in die Berge mit dem Bus zu fahren, sondern wollte die Fahrt lieber mit einem Three-Wheeler-Taxi machen.
Zunächst versuchte ich mein Glück bei den Taxifahrer*innen am Straßenrand in Mirissa, fand die beste Lösung aber schließlich an gleich zwei Stellen. Erstens nämlich in dem kleinen Reisebüro Sun Ray in der Beachside Rd., das gleichzeitig auch als Laden für alle möglichen Kunst- und Gebrauchsgegenstände und als Restaurant dient. Und zweitens im Reisebüro im Erdgeschoss des Sky Garden Guest House, wofür ich mich am Ende entscheide.
Wir haben dann übrigens einfach eine Uhrzeit für den nächsten Tag vereinbart, Telefonnnummern getauscht und so wurde ich schließlich pünktlich am nächsten Tag zur Fahrt in die Berge und den Regenwald abgeholt. Die knapp dreistündige Fahrt hat umgerechnet etwa 25 Euro gekostet.
Die Treppen hinauf zum Tempel
In der Nähe des östlichen Abschnitts des Strandes von Mirissa führt eine lange Treppe hinauf zum Tempel Ratngere Raja Maha Viharaya. Eine kleine Spende ist erwünscht, im Gegenzug sammelt man vielleicht ein paar Moralpunkte und kann auf jeden Fall die Aussicht über Mirissa und die Bucht genießen, was besonders morgens und abends schön sein kann.
Surfen und Whale-Watching
Mirissa am südlichen Ende von Sri Lanka, direkt am Indischen Ozean gelegen, ist ein beliebtest Reiseziel für Leute, die gern Surfen und Leute, die gern Wale observieren wollen. Sowohl für erstere als auch letztere stehen eine Reihe von attraktiven Angeboten zur Verfügung.
Wale beobachten in Mirissa
Eins vorweg, wer zu Seekrankheit neigt, sollte das Whale-Watching in Mirissa unbedingt unterlassen. Es kann ziemlich grauenhaft sein, sich nach zehn Minuten richtig mies zu fühlen und zu wissen, dass es noch sechs Stunden lang so weitergehen wird. So lange kann eine Walbeobachtungstour in Mirissa nämlich ungefähr dauern.
Aber eins nach dem anderen… In Mirissa gibt es zahlreiche Anbieter für Walbeobachtungstouren, denn in den Gewässern vor der Küste Sri Lankas wimmelt es nur so von Walen und Delfinen. Mirissa ist dabei der hauptsächliche Ausgangsort für sämtliche Whale-Watching-Touren an der Südküste. Ich persönlich habe meine Erfahrungen mit dem Anbieter Raja and the Whales gemacht, der etwa hier zu finden ist. Außerdem hat Raja and the Whales auch ein kleines Zelt-Büro direkt am Strand von Mirissa, ungefähr hier.
Der Preis pro Person liegt derzeit bei etwa 6.000 Rs., was umgerechnet etwas weniger als 40 Euro sind. Wichtig war mir, dass der Anbieter versichert, nicht zu nahe an die Wale vor der Küste heranzufahren. Von Raja and the Whales hatte ich gehört, dass sie die nötigen Abstände einhalten, um die Ruhe der Wale nicht zu stören. Außerdem ließ ich es mir nochmal vom Verkäufer der Tour versichern.
Schifffahrt durch die Wellen des Indischen Ozeans
Früh am nächsten Morgen werde ich von einem Taxi direkt am Hotel abgeholt, was bereits in der Tour inbegriffen ist. Es ist etwa halb sechs, die Sonne geht gerade auf und ich bin müde, während wir zum Hafen von Mirissa gebracht werden. Dort steigen wir in ein zweistöckiges Boot, erhalten Schwimmwesten und ein kleines Frühstück. Ja und als das Schiff einige Minuten später die schützende Bucht des Hafens verlässt, vergeht den meisten Passagieren ziemlich zügig die Lust an ihrem Frühstück und auch am Beobachten von Walen. Seekrankheit heißt der Spielverderber heute und zwingt etwa die Hälfte der knapp 30 Walbeobachter*innen, in ihre Stühlen gekrümmt mit ihren Tütchen zu verbringen. Da helfen auch Seekrankheitstabletten und die aufmunternden Rufe der Besatzung nichts, als wir schließlich die ersten Wale zu Gesicht bekommen.
Wale mögen eindrucksvolle Zeitgenossen sein, spannend auch, dass sie hier um uns herum schwimmen. Wir sehen Schwanzflossen, Rücken, aus Nasenlöchen (Blaslöchern) in die Luft geblasene Fontänen, sogar riesige Schildkröten. Doch macht es Sinn, ihnen auf dem Meer hinterherzufahren? Freuen sich die Wale auch darüber – selbst, wenn ein ausreichender Abstand zu ihnen eingehalten wird?
Ich weiß es nicht. Die Kinder an Bord des Schiffes – jedenfalls die nicht auf ihren Stühlen zusammengekrümmten – freuen sich offensichtlich. Ich freue mich eher dann, als ich knapp sechs Stunden später wieder auf festen Boden komme und mich auf den Weg zum Strand von Mirissa mache, um ein kühles Bier im Schatten einer Palme zu trinken.
Reiseführer und Reiseliteratur
Auf meiner Reise durch Sri Lanka hat mich treu und robust der Reiseführer Stefan Loose Sri Lanka begleitet. Sowohl der Inhalt als auch das Format und die flexible Form haben mich bei diesem Büchlein überzeugt.
Soll es noch mehr über Sri Lanka zu lesen sein als Reiseführer, kann ich den Roman Anils Geist von Michael Ondaatje sehr empfehlen. In wunderschöner Sprache lernt man bei der Lektüre das Land und seine Schwierigkeiten besser zu verstehen.
Etwas leichter und unterhaltsamer zu lesen ist der Kriminalroman Staub im Paradies von Ernst Solèr, der kurzweilig die Geschichte eines schweizer Kommissars in Sri Lanka erzählt.
Ein guter Film, der den Krieg in Sri Lanka und die Flucht nach Frankreich zum Thema hat, ist Dämonen und Wunder – Dheepan.