Burundi – Hoffnung im Herzen von Afrika

Die politische Lage in Burundi ist äußerst angespannt und es wird im Moment dringend von Reisen in das kleine Land ganz in der Mitte Afrikas abgeraten. Auf den Straßen von Burundis Hauptstadt Bujumbura wird täglich Gewalt verübt, bestimmte Bereiche der Stadt sind nicht zugänglich und Überlandfahrten scheinen derzeit nahezu unmöglich zu sein. Das ist besonders schmerzlich, hat sich mir Burundi vor nicht allzu langer Zeit als wunderschönes, gastfreundliches Land voller liebenswerter Menschen gezeigt, denen unser Mitgefühl in diesen Tagen gehört. Karge Berge, herrliche Strände, tiefe Schluchten, laute Dancehall-Musik und abwechslungsreiche Natur, viele Eindrücke sind geblieben und leben fort mit dem Wunsch, dass die Menschen irgendwann endlich damit aufhören, sich gegenseitig zu ermorden. Und hier? Geschichten aus einem Land, das voller Leben und Wildheit ist.

Bujumbura – die Hauptstadt von Burundi

Mit knapp 400.000 Einwohner*innen ist Bujumbura die größte Stadt und die Hauptstadt von Burundi. Von den Ufern des Tanganjikasees bis in die höheren Regionen der umliegenden Hügel erstrecken sich die Häuser und die Hütten, oben auf einem der Hügel, fast schon ein Berg, thront die Universität. Es riecht nach Rauch, wenn auf den Straßen alte Reifen verbrannt werden, staubig und ausgetrocknet und gleichzeitig tropisch bunt wirkt die Gegend, es ist Trockenzei. Der Dunst hängt über allem. Nur schwach sind die Umrisse der Hügel am gegenüberliegenden Ufer zu erkennen, die schon in der „Demokratischen“ Republik Kongo stehen.

Zu Fuß und per Auto durch Bujumbura

Das eigentliche Zentrum von Bujumbura ist verhältnismäßig klein. Die gelb gestrichene Post, viele kleine Läden, wenig Modernes. Ein paar Rohbauten mit abenteuerlichen Gerüstkonstruktionen aus Holz, hier und dort ein Café, an jeder Ecke ein Van mit bewaffneten Soldaten in Tarnfleckenanzügen oder Polizisten in blauer, staubiger Uniform, ob sie Macht demonstrieren oder Sicherheit wahren, so klar ist das nicht.

Burundi hat einen Bürgerkrieg hinter sich und es wird gerade der nächste gemacht, kein Wunder, dass die Hemmschwelle bei Verbrechen sehr niedrig ist und es ratsam ist, sich auf die stark frequentierten Gebiete der Stadt zu beschränken. Mehrere Überfälle spielen sich alleine in dem Monat ab, in dem ich in Burundi bin, teilweise schwer bewaffnet.

So verzichte ich dann auch – wie sonst bei meinen Reisen üblich – auf die langen Wanderungen durch die Stadt und nehme lieber den weißen Suzuki-Geländewagen.

Leben in Burundi

Das Leben findet auf der Straße und in den Gassen statt, es ist kein Wunder, das Wetter ist trocken und heiß. Morgens gehe ich zum Frühstück oft in eine Bäckerei – das Café Kappa. In einer großen Halle wird mir dann stets ein frisch gebackenes Brot serviert, dazu ein Kännchen Kaffee. Der Besitzer ist Belgier oder Niederländer, irgendein Aussteiger, den man lieb gewinnt und zu dem man immer wieder kommt. Denn es riecht auch gut nach frisch gebackenem Brot und so fängt der Tag gut an. Und am Ende fällt mir wieder ein, dass er weder aus Belgien noch aus den Niederlanden, sondern aus Zypern kommt.

Die Bäckerei ist vermutlich mal einer der größten Betriebe in der Stadt gewesen, heute arbeiten hier höchstens noch fünf Angestellte. Industrielle Produktion gibt es in Burundi wenig, mir fallen die leuchtend blau gestrichene Primus-Brauerei, die Savonor-Seifenfabrik, die Telefongesellschaft LEO und vielleicht noch eine Teefabrik ein. Vieles kommt aus Frankreich und Belgien, die Getränke, die anderen Biersorten und viele andere Dinge, ich weiß nicht, ob in den wenigen Flugzeugen (Brussels Airlines, Kenya Air und Ethiopian Air landen in Bujumbura), die überhaupt hier landen – vielleicht zwei oder drei am Tag – oder von wo sonst, ich schätze mich glücklich, dass ich in einer Stadt bin, in der es keinen Mc Donald’s gibt.

Einige schicke Cafés lassen sich finden, vielleicht vier oder fünf, dort treffe ich dann auch immer wieder die wenigen Europäer, die überhaupt hier sind, die meisten vermutlich beschäftigt bei der UN oder den Entwicklungsorganisationen. Ich habe als nächstes jedenfalls einen geschäftlichen Termin im Aroma Café auf dem Boulevard de l’Uprona. Später sitze ich alleine an einem der Tische, ein Fremder setzt sich zu mir und wir sprechen über den Regen in Deutschland und den Regen in Burundi und dann nimmt er mich mit in seinem Auto und zeigt mir sein Computer-Geschäft, das sei das nächste große Ding, meint er. Alte Computer aus Asien zum Weiterverkauf hier in Burundi. Wir verabschieden uns und ich gehe meines Weges.

Bujumbura in Burundi

Gelegentlich gehe ich ein, zwei Kilometer durch die Straßen der Gegend, in der ich wohne, zum Jardin Public, einer öffentlichen Gartenanlage im Südosten der Stadt, um vor dem Frühstück ein paar Kilometer zu laufen. Ich bezahle am Eingang ein paar Cent und finde mich dann auf einem Rundweg wieder, drehe meine Runden. Ab und zu läuft einer der anderen Männer, die hier ihre Runden drehen, einige Zeit neben mir her. Wir lachen uns an, laufen um die Wette, geben uns später im Rennen die Hand zum Abschied. Ihre Schuhe haben schon bessere Zeiten gesehen, es ist eine Tortur, bei diesem Klima mehr als eine dreiviertel Stunde zu rennen.

Im Garten treffen sich auch Familien zum Essen, alles wirkt aufgeräumt und so, als würden die Menschen aus Bujumbura diesen Ort schätzen, als eine Insel der Ruhe im hektischen Betrieb außen um sie herum.

Stadt in Burundi
Häuser in Burundi
Werkstatt in Burundi

Campus der Universität Kiriri

Im Südosten der Stadt führt die Straße steil hinauf auf den Berg. Das Ziel ist der Campus der Universität Kiriri. Das koloniale Erbe wird immer noch genutzt, in großem Rahmen auch als Wohnort für die Studierenden, sie wohnen in Hörsälen und sitzen auf dem Campus herum. Freuen sich über mich, als ich komme, um die Aussicht an diesem Abend zu bestaunen. Besonders dann, als einer von ihnen den Aufdruck auf meinem Stoffbeutel entziffert. Ne plus jamais étudier – einmal ausgedacht vom AStA der TU Berlin (Nie wieder studieren…), hier passt es gut – besonders auf mich, denke ich. Der Blick über Bujumbura und das umgebende Burundi ist wunderschön, die Sonne geht unter, die Welt wird dunkel, neben mir schwirrt ein Insektenschwarm und irgendeine Schlange raschelt durch die Blätter einer vertrockneten Pflanze. Zeit für ein Bier an den Hängen des Berges, der Blick über die nächtliche Stadt von der weißen Terrasse aus lässt meine Gedanken weit fort gleiten.

Universität Burundi

Essen und trinken in Burundi

Im Zentrum von Bujumbura lässt sich an jeder Ecke etwas zu Essen und zu trinken finden. In kleinen Restaurants, zum Beispiel im Institute Français, kann vom Buffet gegessen werden, das meist aus Bohnen, gekochten Kartoffeln, gekochten Bananen und Reis besteht. Das Essen ist oft einfach und schmackhaft und sehr günstig. Zu etwas höheren Preisen lassen sich auch Restaurants mit französischer, äthiopischer oder europäischer Küche finden, dabei ist oft besser eine längere Zeit einzurechnen, bis das Essen zubereitet und serviert wird. Das ist aber auch in Ordnung so, denn man sitzt unter Palmen und lässt sich die tropische Luft um die Nase wehen.

In Burundi wird gerne Bier getrunken. Es gibt zahlreiche Bars, die das lokale Erzeugnis Primus-Bier anbieten oder alternativ das niederländische Amstel-Bier, ab und zu auch noch Heineken, über das hier kein Wort verloren werden soll. Serviert wird dabei stets in großen 660ml-Flaschen, die umgerechnet jeweils etwa einen Euro kosten.

An den auch zahlreich vorhandenen kleinen Kioskläden lässt sich den ganzen Tag über frisches Trinkwasser und frisches tropisches Obst kaufen, das in Burundi keinen langen Weg hinter sich hat – besonders empfehlenswert: Avocados und kleine Bananen. Hinter dem Haus pflanzte ich übrigens einen Avocadobaum, ich hoffe, dass er alt und riesengroß wird.

Und für außerhalb von Bujumbura gilt: In vielen kleineren Städten lässt sich zumindest ein Restaurant finden. Meistens läuft es so: Es gibt eine umfangreiche Speisekarte. Das erste gewählte Essen gibt es nicht, dann suchst du dir etwas anderes aus. Nach kurzer Zeit stellt sich heraus, das gibt es auch nicht. So geht das dann ein paar Mal hin und her – jedes Mal muss erst in der Küche nachgefragt werden – und am Ende bleibt dann meist genau ein Essen übrig, das es gibt (Reis und Gemüse) und dazu ein Bier.

Am Ufer des Tanganjikasees

Burundi liegt am Ufer des Tanganjikasees, in Bujumbura reicht er bis mitten hinein in die Stadt. In kurzer Distanz lassen sich schöne Strandbars und -clubs erreichen, die Brandung ist so hoch wie am Ozean, der Blick verliert sich in der Ferne, einsame Angler warten auf ihre Beute.

Eines Abends verbrennen die Menschen Holz am Strand. Die Flammen tanzen zur Musik, die vom nahe gelegenen Club herüber weht. Das Feuer ist rot, die Nacht ist schwarz. Wir sind Piraten, das Leben ist unverständlich und wunderschön. Manchmal wachst du auf, an den sonderbarsten Orten der Welt und merkst, was es ist, das dich antreibt, immer weiter zu suchen.

Feuer in Burundi

Selbst im Stadtgebiet sind gelegentlich Flusspferde zu sehen, die gemächlich im kühlen Wasser baden, oft sitze ich abends im Cercle Nautique, trinke ein Bier und beobachte sie mit ihren winzigen Ohren und ihren riesigen Mäulern und denke über Burundi nach.

See in Burundi mit Nilpferd

Die Failles des Allemands und Rutana

In einigen Stunden Fahrt mit dem Auto durch die Landschaft von Burundi lässt sich zunächst Rutana erreichen, wo ich zum Ausklang des Abends auf der Terrasse einer kleinen Bar sitze, die so blau bemalt ist wie die Primus-Brauerei und ein paar kalte Bier trinke. Mein Hotel ist einfach und verlassen, von dort habe ich aber einen weiten Blick über die Berge und die Lichter in der Ferne.

Landschaft in Burundi

Am nächsten Morgen geht es von Rutana aus weiter über eine abenteuerliche Piste bis ich schließlich die Failles des Allemands im Osten von Burundi erreiche, tiefe Schluchten in den Hängen an genau der Stelle, an der das Hochland in die Ebene in Richtung Tansania abfällt. Ich wandere mit einem Führer in gelb-grauer Uniform durch die glühende Hitze, bald schon folgen uns die Kinder eines Dorfes. Irgendwie verschwindet der Führer, die Kinder führen mich weiter. An einer Schule komme ich vorbei, an Ziegen, die mich ruhig vor sich hin kauend anstarren. Einmal werde ich schreiend vor einer dünnen hellgrünen Schlange gewarnt, die mich vermutlich mit einem winzigen Biss ins Jenseits befördern könnte, sich ob der Warnung aber nur geräuschlos einen vertrockneten Baum hinaufwindet.

Und dann stehe ich schließlich am Abgrund und die Mühe war es wert. Dann trete ich den Rückweg an, durch ein, zwei kleine Dörfer hindurch und an weiteren bizarren Schluchtformationen entlang.

Natur in Burundi
Aussicht in Burundi

Autofahren in Burundi

Jedes Mal bin ich froh, noch am Leben zu sein, wenn eine Autofahrt durch Burundi geschafft ist. Metertiefe Schlaglöcher auf offener Strecke, unbeleuchtete Wege, Menschen und Tiere mehr als Autos auf der Straße. Die haarsträubendsten Überholmanöver, deren Zeuge ich jemals war und waghalsige Radfahrer, die sich lässig an Lastwagen hängen, die über 100 Stundenkilometer fahren.

Andere Fahrradfahrer rasen die kurvigen Straßen aus dem Hochland nach Bujumbura hinunter, voll beladen mit Tonnen von Bananen oder anderen Dingen. Die Verkehrstotenstatistik von Burundi möchte ich gar nicht kennen, leider versteckt sich das hässliche Gesicht des schlimmen Unfalls auch vor mir nicht. Und so passiere ich einige Zeit später die Stelle, an der kurz zuvor ein Fahrradfahrer verunglückt ist. Die Menschen stehen betroffen um den zerbeulten Überrest des Gefährts und wir sollten uns nochmal die Frage stellen, was es denn genau ist, das die Menschen in Burundi dazu bewegt, mit rasender Geschwindigkeit steile Bergstraßen hinunter zu fahren. Die Geschichte des Kapitalismus ist eine der Gewalt. Seine Gegenwart auch.

Überholt wird einfach überall, es ist vollkommen gleich, ob etwas zu sehen ist oder nicht.

Für Europäer ist es in Burundi auch mit internationalem Führerschein eigentlich nicht gestattet, ein Auto zu fahren, aber wie es so ist, kann jede*r sich überlegen, wie er oder sie die Polizeikontrolle erfolgreich besteht.

Fahren in Burundi
Gefahr in Burundi

Unterkünfte in Burundi

In Bujumbura lebe ich bei Freund*innen, die für mehrere Jahre dort arbeiten, auf dem Land ziehe ich von einfachem Hotel zu einfachem Hotel. Und einfach heißt in Burundi wirklich einfach. Wasser und Strom sind oft stundenlang fort. Doch stets habe ich mich wohl gefühlt, stets waren die Gastgeber herzlich. Ein günstiges Hotel ist für umgerechnet etwa 10-20 € die Nacht mit Frühstück zu haben, das besteht dann meistens aus Kaffee aus der Thermoskanne und einer Kleinigkeit zu essen.

Die Unterkünfte sind teilweise schwierig zu finden, man muss wissen, wo man sucht oder sich ausreichend vorbereiten, doch eine unvorbereitete Reise durch Burundi ist ohnehin unbedingt zu vermeiden.

Garten in Burundi

In den Bergen bei Ijenda

Ijenda liegt etwa eine Stunde Autofahrt von Bujumbura entfernt und hier zeigt Burundi ein ganz anderes Gesicht. Merklich kühler ist es hier oben, durch die Berge des Hochlands lassen sich hier wunderbare Wanderungen machen. Nach stundenlangem Herumlaufen über staubige Wege, schutzlos der Sonne ausgeliefert, hilft mir der frische Wind aber gar nichts mehr und ich freue mich so wie selten zuvor auf ein kühles Getränk und ich folge einem durchsichtigen Schmetterling und siehe da, hinter der nächsten Ecke taucht ein Haus auf und tatsächlich wird mir eine eisgekühlte Coke aus einer staubigen Kiste angeboten.

Berge in Burundi

Kirundo an der Grenze zu Ruanda

Im Nordosten von Burundi, fast schon an der Grenze zum Nachbarland Ruanda, liegt Kirundo, ich halte dort, um eine Nacht zu bleiben und versuche, am Abend, das Naturschutzgebiet Lac Rwihinda zu finden – den Rwihinda-See. Ich frage ein paar Menschen, niemand kann mir helfen, also fahre ich mit dem weißen Suzuki-Geländewagen immer weiter in die Richtung, in der ich den See vermute. Die Pisten werden immer kleiner, der Sumpf ist überall um mich herum und am Ende eines Hanges geht es dann gar nicht mehr weiter. Ich stelle das Auto ab und in genau dem Moment entdecke ich einen Mann, der einen Einbaum durch den Sumpf steuert.

Später lädt er mich ein, mit ihm auf die andere Seite zu fahren und genau das mache ich schließlich. So lasse ich mich in einem Einbaum über den Sumpf fahren, nur die Geräusche des Paddels und die gigantischer Insekten sind zu hören. Ich habe keine Ahnung, wo genau ich bin und ich denke, das ist es, darum mag ich Burundi.

Eine Stunde später, zurück am Auto und um einige Hügel gefahren, treffe ich dann doch noch auf den See. Ich warte auf den Sonnenuntergang, der Dunst der Dämmerung legt sich über die Landschaft, hinter mir ein Bananenfeld und irgendwo kichernde Kinder. Der Sonnenuntergang ist kurz in den Tropen, morgen ist ein neuer Tag voller Hoffnung für das kleine Land Burundi im Herzen von Afrika.

Auf einem Fluss in Burundi